10.03.2022

RespektAkademie schließt die Türen: Was bleibt und was kommt?

Ende 2021 ist die dreijährige Förderung durch die SKala-Initiative ausgelaufen und bis zuletzt hatte das Team gehofft, mithilfe neuer Zuwendungsprogramme die Arbeit fortsetzen zu können. Leider ist dies bis heute nicht gelungen und die Projektarbeit musste wegen fehlender Finanzmittel zu Beginn dieses Jahres eingestellt werden. Nach drei Jahren intensiver Aufbauarbeit, deren Ergebnis ein evaluiertes skalierbares Konzept ist, ist die eingetretene Situation für alle Beteiligten enttäuschend und gleichzeitig sehr lehrreich. Misserfolge bergen bekanntlich die größten Chancen zum Lernen, Reflektieren und Weiterentwickeln.

Von der einwöchigen Ausbildung zum RESPEKTfreund zum dreijährigen Phasenmodell der RespektAkademie

Das Projektteam kann jede Menge erreichter Ziele feiern und auf große Erfolge zurückblicken. 12 Klassen, also rund 280 Schüler*innen, haben zusammen etwa 150 Projekttage absolviert. Dabei wollten auch stets weitere Klassen in das Programm aufgenommen werden. Fast alle Respekt-Klassen haben ihre eigene Demonstration veranstaltet, um sich lautstark für Vielfalt, Respekt und Toleranz einzusetzen. Neben dem klasseninternen Teambuilding hatten alle Kinder die Möglichkeit, sich mit den eigenen Stärken auseinanderzusetzen, Themen für das eigene soziale Engagement zu identifizieren und erste Erfahrungen bei der Umsetzung von Aktionen zu sammeln. Nicht zuletzt standen dabei aber immer auch der Spaß und das Miteinander sowie Sport und Bewegung im Zentrum.

Zu Beginn der SKala-Förderung bestand die RespektAkademie konzeptionell zum Teil nur auf dem Papier. Die einzelnen Bausteine waren entwickelt und erprobt, das wirkungsorientierte Zusammenspiel der drei aufeinander aufbauenden Phasen, mit neuen und alten Methoden, musste jedoch erst einmal erarbeitet werden.  Inzwischen ist die RespektAkademie zu einem ausgereiften Programm entwickelt worden, das auf weitere Schulen in anderen Sozialräumen übertragbar wäre. Ein Team aus Bildungstrainer*innen für die Durchführung der Projekttage konnte aufgebaut werden, zudem sind sämtliche Strukturen, Abläufe und Rollenverteilungen im Projektteam sowie im Programmablauf professionalisiert worden. Darüber hinaus hat sich die RespektAkademie an den Schulen als fester Bestandteil der außerschulischen Angebote etablieren können. Durch die Präsenz im Kiez und die verstärkte Zusammenarbeit mit unterschiedlichen kiezbezogenen Kooperationspartner*innen fand eine regionale Verstetigung statt. Es hat einen Prozess zur Entwicklung einer Corporate-Identity gegeben, woraus auch eine eigene Wort-Bild-Marke hervorgegangen ist.

Ergebnisse der zweijährigen Begleitung durch Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich

Nachdem im Vorgängerprojekt Erfahrungen mit Methoden der Selbstevaluation gesammelt werden konnten, wurden die Fördermittel der SKala-Initiative für einen zweijährigen Evaluationsprozess mit Blick auf die Wirkung der RespektAkademie eingesetzt. Das Team von Camino erhob trotz Pandemie und mittels unterschiedlichster Methoden eine belastbare Datengrundlage. Hierzu nutzte es vor allem Gruppen- und Einzelinterviews sowie Fragebögen mit RespektKlassen und Vergleichsgruppen, Bildungstrainer*innen, Lehrer*innen sowie Schulleitungen. Die daraus resultierenden Erkenntnisse bestätigen den methodischen Ansatz und die bisherige Konzeptumsetzung. Darüber hinaus lassen sich hilfreiche Impulse für sinnvolle Weiterentwicklungen ableiten.

Zu den besonders zufriedenstellenden Ergebnissen gehörten zum einen, dass gerade Klassen mit stärkeren Herausforderungen in der Zusammenarbeit sowie im sozialen Miteinander an der RespektAkademie teilnehmen, obwohl sich das Angebot stets an alle Klassen gerichtet hat. Daran zeigt sich, wie wichtig niedrigschwellige Angebote in der sozialen Arbeit sind, die sich bewusst an alle richten, um auch diejenigen zu erreichen, bei denen das in der Regel schwierig ist. Ressourcenorientierung an Stelle von Stigmatisierung – der Aufwand dafür mag häufig etwas größer sein, jedoch unterstreichen die positiven Effekte diesen bewusst gewählten Ansatz.

Zum anderen ist es sehr erfreulich, dass das Angebot der RespektAkademie mit seiner jetzigen Methodenvielfalt – neben einem großen Anteil an Bewegung gibt es auch gestalterische und Bildungselemente – alle Kinder gleichermaßen abholt und auf ihrer individuellen Lernreise begleitet, unabhängig vom Bildungs- und Sozialstatus ihrer Familien oder vom persönlichen Schulerfolg. Wir führen das vor allem auf diese Methodenvielfalt sowie den vorurteilsfreien Zugang unserer Trainer*innen zurück.

Fortsetzung Aktivitäten aus anderen Projekten

Die GSJ ist eine berlinweit aktive Trägerorganisation mit mehr als 50 Standorten, dazu zählen SportJugendClubs, MädchenSportZentren, Schulsozialarbeit sowie Projekte zur Aktivierung und Beteiligung. Innerhalb dieser Angebote sollen die Erfahrungen und das Wissen aus der RespektAkademie weitergetragen und -genutzt werden. Gleichzeitig sollen sich auch die Verwaltungsstrukturen weiterentwickeln, um zukünftig Möglichkeiten für flexiblere Finanzierungsmodelle zu schaffen. Vor diesem Hintergrund sind wir auch weiterhin offen für jegliche Anfragen, die die RespektAkademie betreffen.

Zurück bleiben Fragen: Wie häufig kommt es vor, dass Programme so umfangreich pilotiert und dann doch nicht weitergeführt werden können? Wie ist dieser Umstand im Kontext einer anhaltenden Nachhaltigkeitsdebatte zu bewerten? Gibt es hier vielleicht schon alternative Förderansätze in anderen Programmen? Warum sind so viele Förderprogramme zwar auf Anschubfinanzierungen ausgerichtet, übernehmen aber nach wie vor nur widerwillig Entwicklungs- und Projektmanagement-Kosten? Offensichtlich wird ja davon ausgegangen, dass sich die Programme nach der Pilotphase selbst tragen müssen. Wie kann es also gelingen, gute Geschäftsmodelle für die Soziale Arbeit zu entwickeln? Oder ist das eine Logik aus der Wirtschaft, die in der Sozialen – und Bildungsarbeit schlicht nicht greift, weil die finanzielle Eigenständigkeit und das Know-how zur Entwicklung eines belastbaren Finanzierungsmodelles im Grunde nichts darüber aussagen, wie qualitativ hochwertig die eigentliche Projektarbeit ist? Hierauf suchen wir derzeit noch nach Antworten.

Zurück